Abschreckendes bei der Baujagd – Jagd und Jäger Teil 8
Autor Eckbert Heinenberg, am 14. November 2013
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Was ich auch bald nicht mehr mitmachen konnte, das waren die Baujagden.
Dies hat mehrere Gründe. Es fing bei den ersten Erlebnissen dieser Art schon an.
In einem der vorigen Texte hatte ich ja angekündigt, dass ich auf die Füchse nochmal zurückkommen will.
Also: Wir umstellten einen bekannten Fuchs- und Dachsbau. Es war eine große »Burg« mit mindestens 7 Ausgängen. Dann wurde der Bauhund, ein Teckel, eingesetzt.
Was mir durch den Kopf ging, war, dass in diesem Moment der sicherste Ort, den die Tiere im Bau kannten, in ein totales Chaos gestürzt wurde. Ich stellte mir vor, dass alle Füchse und Dachse, die gerade in diesem Bau waren und nicht geschossen werden, in Zukunft keinen einzigen Platz mehr finden würden, an dem sie sich wirklich sicher fühlen könnten.
Das war das eine.
Nach kurzer Zeit sprang auch der eine oder andere Fuchs heraus, ich glaube es waren insgesamt drei. Aber keiner da, wo ich stand. Zwei wurden geschossen. Nach langer Zeit, mindestens eineinhalb Stunden, kam auch der Bauhund wieder zum Vorschein. Man hatte ihn nach dem letzten Schuss noch unter der Erde gehört, wie er immer wieder ein weiteres Tier verbellte. Gefühlt schien das kein Ende zu nehmen. Als er wieder hervor kam, hatte er mehrere tiefe blutende Wunden. Vermutlich Dachskontakt. Er musste zum Tierarzt und dort genäht werden.
Dem Besitzer machte das weiter nichts aus, er fand seinen Hund klasse. Das Gesamtpaket »Baujagden« hatte damit für mich allerdings einen üblen Beigeschmack bekommen. Sowohl wegen der Gedanken an die Füchse und Dachse als auch wegen des Zustandes, in dem der Teckel aus dem Bau zurückkam.
Dazu kam bald, dass ich einmal erlebte, wie in einer Schliefanlage Hunde für die Baujagden trainiert wurden. Auch hier stellte ich mir den Horror für die eingesetzten Füchse plastisch vor. Es kann mir niemand erzählen, dass sie nicht unter diesen Machenschaften unnütz leiden. Einen kurzen Eindruck davon kann man übrigens in dem Film bekommen, der ganz am Anfang in der ersten Folge zum Thema Jagd und Jäger verlinkt ist.
Aber das war noch nicht alles.
Eine andere Baujagd lief folgendermaßen ab:
Es war ungefähr Mitte oder Ende Februar. Der Hund wurde angesetzt und schliefte ein. Das ist ein Wort aus der Jägersprache und es bedeutet, dass der Hund in den Bau läuft. In dieser merkwürdigen »Sprache« »schlieft der Hund nämlich ein«, während Fuchs und Dachs »zu Bau fahren«. Es dauerte nicht lange und man hörte den Hund. Der Bau war also, wie erwartet, befahren. Aber es sprang kein Fuchs heraus. Wir standen ziemlich lange und warteten, dass etwas passiert. Der Hundeführer versuchte schließlich, seinen Hund wieder herauszurufen.
Irgendwann kam der auch. Aber was war das? Er hatte etwas im Fang. Es stellte sich heraus, dass er einen kleinen Dachswelpen erwischt hatte, der noch blind war, also keine vier Wochen alt. Die Dachswelpen öffnen ihre Augen nämlich erst im Alter von 28-35 Tagen. Nacheinander brachte er noch drei weitere totgebissene kleine, blinde Jungdachse zu Tage. Der Größe nach waren sie erst um die 14 Tage alt. Dann gelang es dem Hundeführer, ihn zu greifen, bevor er wieder unter der Erde verschwinden konnte.
Nein, wie war mir widerlich zumute!
Die anderen nahmen das Ganze einfach so zur Kenntnis und fanden alles ganz normal. Bis auf die Freundin des Hundeführers, die bei einer Baujagd zum ersten Mal zusah und dann gleich dieses maßlos abstoßende Erlebnis dabei hatte. Sie konnte gar nicht fassen, dass ihr Freund das Ganze für nicht weiter schlimm hielt. Ich weiß nicht, ob die beiden trotzdem zusammengeblieben sind.
Dafür, dass ich auch an die Dachsfähe dachte, hatten die anderen nur ein verächtliches Lachen und ebensolche Sprüche übrig. Die Dächsin hatte immerhin nicht nur ihre kleinen Welpen verloren, sondern bestimmt auch Probleme und Schmerzen mit ihrem sicher prall gefüllten Gesäuge bekommen, für dessen Milchfluss sie nun keine Abnehmer mehr hatte.
Die Baujagd kann ich aus eigenem Erleben also nur als niederträchtig und tierquälerisch empfinden. Nach heutigem Kenntnisstand werden zudem dabei völlig sinnlos Tiere getötet, die man nicht einmal essen kann. Ist das die selbstgerühmte Waidgerechtigkeit der angeblich doch naturschützenden und ach so tierfreundlichen Jäger? – Zu einer Gruppierung, die sowas schön redet, will ich auf keinen Fall gehören. Organisierten wirklichen Natur- und Artenschutz findet man z. B. beim Komitee gegen den Vogelmord, NABU, BUND, der Stiftung Euronatur und anderen, wie ich aus eigenem Erleben und Beobachten weiß.
Für mich jedenfalls war das die letzte Baujagd. Nie wieder habe ich mich an dieser Jagdart beteiligt.
Ich hatte auch sonst des Öfteren den Eindruck, dass unter Jägern eine gewisse Abstumpfung gegen das Leiden der Kreatur als normal empfunden wurde. Und dass das Verhältnis zum Töten als solches nach Auswahl eines »Opfers« von keinerlei Bedenken beeinträchtigt war. Mit welcher Gier viele – nicht alle! – jagenden Zeitgenossen jede Gelegenheit zum Töten von Tieren ergreifen, habe ich ja bereits beschrieben.
Die Tötung eines Tieres zu einem freudigen Ereignis zu machen, könnte ich verstehen, wenn die betreffenden Menschen hungern mussten oder sonst müssten. Wenn dann endlich genug Essbares da ist, ist das sicher ein legitimer Grund zu Freude. Dann macht es auch wirklich Sinn und bleibt im natürlichen Zusammenhang des Jagens. Aber wenn es nur darum geht, eine Trophäe erjagt zu haben? Oder wer die meisten Enten vom Himmel geschossen hat? Füchse beseitigt hat? Der schäbige Ausdruck trifft genau das, was da passiert, denn es werden oft nichtmal die Felle verwertet. Zu diesen und anderen Gelegenheiten habe ich keine Möglichkeit, die Freude am Jagderfolg irgendwie begreifen zu können.
Ein weiterer Auslöser für diese Artikel über Jagd und Jäger war eine E-Mail von jemandem, den ich ganz am Anfang meiner Jägerzeit kannte. Wir hatten uns aus den Augen verloren und es sind nunmehr ein paar Jahrzehnte vergangen. Unter anderem stand in dieser Mail, dass er »Freude an der Jagd« habe. In meiner Erwiderung fragte ich zurück, wie es möglich sei, dass er bei der Tötung von Tieren Freude empfinden könne. Leider habe ich keine Antwort darauf erhalten.
Vielleicht tun solche Leute die Dinge, die sie tun, eher ohne wirklich darüber nachzudenken. Auf diese Frage habe ich nämlich bisher von keinem einzigen Jäger eine klare Auskunft bekommen.
1 Jagen? Warum eigentlich? – 2 Töten aus Lust oder Notwendigkeit? – 3 Hirsch tottrinken und andere Sitten – 4 Katzen und neue Tierarten unerwünscht – 5 Wildarten-Durcheinander – 6 Jagd auf Füchse und als extensive Tierzucht – 7 Wildtiere, Wildschutz, Menschen, Jagd – 8 Abschreckendes von der Baujagd – 9 Hubertus von Lüttich, die Jägerei und ich – 10 Ueber Kraehen und andere Rabenvoegel – 11 Schadstoffe im Wild und Umweltschäden durch die Jagd – 12 Entscheidung gegen die Jagd in dieser Form – 13 Jagd unter Beschuss