Hubertus von Lüttich, die Jägerei und ich – Jagd und Jäger Teil 9
Autor Eckbert Heinenberg, am 15. November 2013
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Die jagenden Naturschützer und Tierfreunde(!), als die viele Jäger sich sehen, frönen zu großen Teilen weiter der sinnlosen Baujagd, bei der sowohl Tiere verachtet und gequält als auch die neueren Erkenntnisse der Wildtierforschung strikt ignoriert werden.
Sehr viele dieser Menschen geben sich außerdem mit Vorliebe christlich-religiös. In vielen Kirchen bis hin zu bekannten Domen werden von der katholischen Kirche so genannte Hubertus-Messen zelebriert. Dabei bekommen die Jäger den kirchlichen Segen für all ihr jagdliches Tun in einem feierlichen religiösen Ambiente und Zeremoniell. Dieser Segen ist für diejenigen, die ihn haben wollen, ganz offensichtlich so etwas wie ein Freibrief für ihr Handeln. Wenn auch ausgestellt von einer Institution, die mit der Sache selbst gar nichts zu tun hat – aber »sei’s drum«, denken die Teilnehmer wahrscheinlich, »Hauptsache wir haben bestätigt bekommen, dass das alles gut und richtig ist, was wir da machen«. Die Betreffenden fühlen sich auf alle Fälle merkbar bestätigt und zu ihren Taten berechtigt durch diese rituellen Veranstaltungen. Es gibt also einen regelrechten Kult um den heiligen Hubertus.
Ziemlich seltsam und abstoßend finde ich diese Sache mit dem heiligen Hubertus. Er ist der so genannte »Schutzpatron der Jäger«, was immer das sein soll. Ich kann die Heiligenverehrung nicht nachvollziehen, denn ich habe mit dem Katholizismus nie etwas zu tun gehabt. Auch anderweitig bin ich in keiner Weise an religiösen*), esoterischen, spiritistischen oder sonstigen fiktiven Ideen interessiert. Davon überzeugt mich Nichts. Ganz im Gegenteil, ich fühle mich abgestoßen von Alldem. Die aufgedrängte Vermischung religiöser Inhalte mit ganz anderen Bereichen, wie hier mit der Jagd, und das mit dem unterschwellig oder auch demonstrativ vorgebrachten Anspruch der Allgemeingültigkeit für Jeden, ist eine absolut indiskutable Zumutung für Nicht-Religiöse wie mich.
Jedenfalls: wenn man sich das ganze Hubertus-Ding mal zu Gemüte führt, dann wird es erst recht unverständlich, finde ich.
Dieser heilige Hubertus (Hubertus von Lüttich), der im siebten/achten Jahrhundert gelebt haben soll, war nämlich zunächst ein besonders erfolgreicher Jäger. Man liest in manchen Texten auch beschreibende Worte wie »wild und zügellos« über ihn. Eines Tages soll er die Erscheinung eines Kreuzes zwischen den Geweihstangen eines Hirsches gehabt haben. Danach habe er der Jagd für alle Zeiten abgeschworen und nie wieder ein Wildtier geschossen.
Ist es nicht total widersinnig, wenn dann ein solcher sogenannter »Heiliger« ein »Schutzpatron« und Vorbild(!) für diejenigen sein soll, die das Jagen nicht lassen können? Die weiterhin zu Ihrem Vergnügen Tiere erschießen? Wenn die Jäger den heiligen Hubertus schon verehren – vielleicht tun das tatsächlich welche – dann müsste das doch dazu führen, dass sie augenblicklich die Jagd aufgeben. Ansonsten kann ich persönlich diese betonte und regelmäßig zelebrierte Verehrung des heiligen Hubertus nur als absolut unechte Handlungsweise empfinden.
Derjenige, der es ganz anders vorgemacht haben soll, wird gerade deshalb mit Ehren überhäuft, weil er die Jagd aufgegeben hat, genau genommen der erste bekannt gewordene Jagdgegner geworden ist. Danach wird sich in keinster Weise an seinem Tun und vor allen Dingen seinem Lassen orientiert, sondern die Lust- und Trophäenjagd weiter verherrlicht. Mag jeder dazu denken, was er will.
Wie oben schon erwähnt: Ich mit meiner religionsfreien Einstellung habe Nix im Sinn mit sogenannten »Heiligen«. Aber wer das anders sieht, als Jäger diese Hubertus-Verehrung mitmacht, sie eventuell sogar betont, sie überhaupt nicht infrage stellt, sie praktisch mit konkreten Wirklichkeiten auf eine Stufe stellt und von jedem Anderen die gleiche Einstellung de facto zwingend auch erwartet, obwohl sie doch von vornherein gar nicht sachbezogen ist, sondern lediglich aus persönlichen religiösen Phantasien hervorgeht, jeden mit unverblümter Intoleranz schief anguckt, der Abneigung dagegen äußert – – – und wer dann trotz Alledem den von ihm selbst so hervorgehobenen Hubertus total ignoriert, indem er weiterhin jagt, und zwar zu seinem für mich so unverstehbaren Vergnügen jagt, nicht aus Notwendigkeit, der ist mir im höchsten Maße suspekt. Mir drängt sich augenfällig der Eindruck von Verlogenheit auf, ich kann nichts dagegen machen. Ich kann aufgrund dieser Selbst-Widersprüchlichkeit einem solchen Menschen nicht mehr wirklich über den Weg trauen. Es bleibt für mich immer ein Rest in der Art, dass man nie wissen kann, wann derjenige bei dem bleibt, was er gesagt hat, oder wann er es ins Gegenteil verkehrt, weil es ihm gerade besser passt. An dem blanken Faktum des offensichtlichen Widerspruchs in Sich kann nämlich auch kein einziges rhetorisch noch so brillantes Drumherumwinden etwas ändern. Das kann höchstens versuchen, die eindeutige Ungereimtheit zu vertuschen.
Die gleiche verlogene Widersprüchlichkeit stellt es in meiner Wahrnehmung dar, wenn man sich auf der einen Seite als Tierfreund hinstellt und auf der anderen Seite solche Tierquälereien wie die Baujagd, die Fallenjagd und einiges mehr nicht unterlässt. Wenn man sich auf der einen Seite als Naturschützer ausgibt und auf der anderen Seite klar belegte Erkenntnisse über die faktische Sinnlosigkeit des traditionellen Jagens einfach nicht zur Kenntnis nimmt – wie zum Beispiel bei der Jagd auf Füchse und Dachse oder bei der Art wie mit den Rabenvögeln, den Schalenwildarten und der Trophäengier umgegangen wird, ebenso wie bei der Ignoranz in Bezug auf den nachgewiesenen stützenden und schützenden Einfluss des Raubwildes, insbesondere auch der größeren Beutegreifer auf die Artenvielfalt in Ökosystemen – .
Im Gegenteil: Man behauptet sogar, dass man es besser wisse!
Und wie alle Besserwisser sind diejenigen unter den Jägern, die diese Einstellung haben, absolut resistent gegen jede Argumentation.
Man will nämlich überhaupt nicht ökologisch zu denken versuchen, sondern anthropozentrisch die Restnatur und damit auch die Wildtiere weiterhin in nutzbar oder schädlich einteilen, der Lustjagd frönen, Trophäen sammeln usw. usf. – das ist der Eindruck, den ich in etlichen Gesprächen mehrheitlich gewonnen habe.
Oft gehört: „Wozu brauchen wir denn Wölfe und Luchse? Wir sind doch nun über 100 Jahre bestens ohne die ausgekommen!“
Das drückt in keinster Weise ein Denken Einklang mit der Natur aus, sondern das genaue Gegenteil.
Und solche Leute geben sich dann als Naturschützer aus und haben nicht im Geringsten das Verlangen, vor Scham im Boden zu versinken angesichts dieser ausgerechnet von ihnen geäußerten naturverachtenden Ungeheuerlichkeiten.
Wenn man etwas lernen will, dann ist man zunächst geneigt, den Erfahrenen abzunehmen, dass sie gesicherte Erkenntnisse und wahre Inhalte vermitteln. So ging es mir erst einmal auch bei der Jagd. Diese komische Hubertus-Sache mit all ihrer Widersprüchlichkeit, dem Ansinnen der Unantastbarkeit und dem von faktischen Inhalten ablenkenden, mich abstoßenden zeremoniellen Aufwand hat schon ziemlich am Anfang des Jagens angefangen, mir Zweifel einzuimpfen.
Dieser Kult hat mir den Anstoß gegeben, dem unguten Gefühl nachzugeben, das mich bei der ganzen Jägerei schon bald befiel. Überall auf der Welt dienen Kulte, Zeremonien und Rituale dazu, Menschen gleichzuschalten, unterzuordnen, zu manipulieren, eigenes Denken, Individualität, (vor allem auch innere) Freiheit und selbstbestimmtes Handeln zu unterdrücken. Bei mir erzeugen sie daher tiefes Misstrauen, wann immer ich ihnen begegnen muss. So führte dieser Hubertus-Kult dazu, dass ich frühzeitig generell hinterfragt habe, ob das traditionelle Jagdwesen in der gelernten Form für mich überhaupt akzeptierbar ist.
Es führte mich dahin, in der Folge die Verfechter von althergebrachten Ansichten über die Jagd und deren Notwendigkeit sowie von traditionellen Jagdgewohnheiten, zu denen ja neben vielem anderem auch die Baujagd, eben diese Hubertus-Sache und auch solche wildbiologisch unsinnigen Dinge wie der Trophäenkult und die Aversion gegen tierische Beutegreifer gehören, nicht mehr für Wissende und Könnende zu halten.
Sondern für Leute, deren Reden, Handeln und dadurch bewiesene Wesensart manches Mal blankes Entsetzen bei mir hervorgerufen haben.
1 Jagen? Warum eigentlich? – 2 Töten aus Lust oder Notwendigkeit? – 3 Hirsch tottrinken und andere Sitten – 4 Katzen und neue Tierarten unerwünscht – 5 Wildarten-Durcheinander – 6 Jagd auf Füchse und als extensive Tierzucht – 7 Wildtiere, Wildschutz, Menschen, Jagd – 8 Abschreckendes von der Baujagd – 9 Hubertus von Lüttich, die Jägerei und ich – 10 Ueber Kraehen und andere Rabenvoegel – 11 Schadstoffe im Wild und Umweltschäden durch die Jagd – 12 Entscheidung gegen die Jagd in dieser Form – 13 Jagd unter Beschuss
*) – Nebenbei bemerkt: Religionen sind nach dem, was ich im Zusammenhang damit selbst erlebt und auch sonstwo beobachtet habe, für meinen Begriff von ihrem Ursprung her alles Manipulationswerkzeuge, mit deren Hilfe einige Wenige viele Andere mit subtilen Mitteln beeinflussen und beherrschen wollen. Einige Exemplare der Spezies Homo sapiens müssen schon sehr frühzeitig auf das Potential solcher Beeinflussungsmechanismen gekommen sein und die ersten Gedankenkonstrukte dieser Art erstellt haben, wie archäologische Funde offenbar beweisen. Der Aufbau dieser Phantasiewelten muss zur Umsetzung des Prinzips im Lauf von Jahrzehntausenden immer weiter perfektioniert worden sein, so meine Vermutung. Gewöhnlich wird unter Zuhilfenahme von Vorstellungen Einfluss genommen, die mit der Natur nichts zu tun haben, sogar das Grundprinzip des biologischen Funktionierens von Leben absolut negieren, wie etwa in Aussicht gestellte Belohnungen und Bestrafungen für die Zeit nach dem eigenen Tod, was für mich extrem absurde Behauptungen sind. Unglaublich, wie viele Menschen auf Derartiges reinfallen und sich mit paradoxen Utopien über ein Leben nach dem Tod und prognostizierten Ereignissen, die das Weiterleben Gestorbener voraussetzen, unter Druck setzen lassen, offenbar sogar tatsächlich denken (wollen?), dass die entsprechenden Vorstellungen wahrer seien als die Realität der Natur, die auf Weiterentwicklung ihrer Lebewesen als Arten und auf Recycling, nicht aber auf den „ewigen“ Fortbestand in welcher Form auch immer der Individuen ausgerichtet ist. Die Bedienung der Wunschvorstellungen auf eine Weiterexistenz nach dem Lebensende ist allem Anschein nach eines der breitenwirksamsten Beeinflussungswerkzeuge überhaupt. Das geht ja unter Umständen so weit, dass in der Folge die Anhänger der jeweiligen sog. Lehre selber sogar mit Zwang und Drohungen Anderen abverlangen, gleiche Meinungen zu vertreten – und wenn schon gegen deren wahre Überzeugung, so doch nach außen hin mit logischerweise dann leeren, weil zwangsgelogenen Worten, oft in Verbindung mit erniedrigenden Ritualen, deren einziges Ziel nur sein kann, die eigene Meinungsbildung des dem Unterzogenen brutal zu zerschlagen. Ich weiß aus eigenem Erleben , wovon ich schreibe. Die mir gegen meine klare Überzeugung und erklärten Willen unter Strafandrohung abverlangte Teilnahme an dem erniedrigenden Unterdrückungsritual der Konfirmation, gegen die ich mich damals nicht wehren konnte, während dessen ich in der vollbesetzten Kirche vor dem Pastor kniend das Gegenteil von dem vorzulügen hatte, was ich wirklich dachte, was alle direkt Beteiligten, einschließlich jenes Pastors, genau wussten, wird immer eine der widerwärtigsten Erinnerungen aus jener Phase meines Lebens bleiben. Seltsamer Weise: Alle Anderen, auch mein Bruder, waren gruppenweise dran, nur ich allein hatte einzeln vorzutreten, mit der Massgabe laut und deutlich zu sprechen. Vorab hatte man mir dieses Einzeln-Allein-Aufgerufen-Werden nicht einmal gesagt, es traf mich völlig unvorbereitet während der Veranstaltung. Doch schon damals war ich überzeugt, dass es gar keinen Gott gibt – den christlichen nicht, an den zu glauben mir von früher Kindheit an aufoktroyiert werden sollte, ohne dass jemals jemand einen schlüssigen Beweis für dessen Existenz erbracht hätte, und auch keinen x-beliebigen anderen. (Wie ich heute weiß, befinde ich mich mit dieser Ansicht in allerbester Gesellschaft, denn neben etlichen anderen anerkannt klugen Köpfen hat auch Stephen Hawking in einigen seiner Publikationen die Überzeugung vertreten und bewiesen, dass und wie Kosmos, Erde und Lebewesen ganz ohne Zutun eines göttlichen Erschaffers auf natürlichem Weg entstanden sind.) – Der Schock über die niederträchtige Erfahrung, von jeder freien Meinungsäußerung und Entscheidungsfreiheit für mich selbst ausgeschlossen zu sein, die dieses abstoßende Zwangsritual auch noch krass unterstrichen und bei mir für lange Zeit manifestiert hat, hat mich damals in der Folge auf (leider entscheidende) Jahre stark beeinträchtigt. – Tja, man war damals nunmal erst mit einundzwanzig volljährig und hatte bis dahin zu parieren und das zu tun, was von einem verlangt wurde. Eine eigene freie Entscheidung für sich selbst zu treffen war vor diesem Stichtag einfach undenkbar. – Wie praktisch muss es für die Beeinflusser, Unterdrückungs- und Beherrschsüchtigen doch sein, wenn erreicht ist, dass die breite Masse der Mitmenschen von klein auf an strikt auf die gewünschten Vorstellungen und deren Beachtung hin konditioniert wird. Und wenn man dann Andersdenkende in totaler Intoleranz noch mit Strafe und/oder Verachtung bedenkt, was die Fadenscheinigkeit und wahren Absichten solcher Systeme eigentlich vor Aller Augen offen dokumentiert, …… –
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Am 26. März 2017 um 09:50 Uhr
Hallo,
Danke für die Veröffentlichung dieser Seite!
Wir stimmen Ihnen in allen Punkten zu und haben einige Zitate auf unserer Internetseite und auf der Facebookseite “ Wolf und Wildtierschutz veröffentlicht“ https://www.facebook.com/groups/1897509167150562/
Wir würden uns freuen von Ihnen zu hören!
Es gibt auch eine passende Petition:
https://secure.avaaz.org/de/petition/BMUB_Bundesministerin_Barbara_Hendricks_BMJV_Bundesminister_Heiko_Maas_Erkennt_dem_Deutschen_Jagdverband_den_Status_Natu/?pv=26&fb_action_ids=1733342030318267&fb_action_types=avaaz-org%3Asign
Mit sonnigen Grüßen
Sonja Wallschlag
Am 29. März 2017 um 17:16 Uhr
Hallo Sonja Wallschlag,
schön dass mal jemand einen Kommentar zu diesem Themenbereich hier im Blog veröffentlicht, wo die Kommentare hingehören, vielen Dank dafür!
Bisher sind nämlich alle Reaktionen auf die Jagd-und-Jäger-Artikel per E-Mail oder auch auch telefonisch gekommen – etliche zustimmende, ein paar, die nicht verstehen, warum einer überhaupt zu den Themen schreibt und nur eine (konfus wirkende) ablehnende.
Ihre Webseite habe ich natürlich inzwischen besucht und freue mich angesichts der vielen übereinstimmenden Ansichten natürlich sehr, dass Ihnen meine Texte das Zitieren und Verlinken wert sind.
Viele Besucher und vor allem Erfolg in der Sache wünscht Ihnen
mit ebenfalls sonnigen Grüßen (wieder ’ne Übereinstimmung ;-))
Eckbert Heinenberg