Reisighaufen, Laubhaufen und Tiere im Garten
Autor Eckbert Heinenberg, am 7. August 2015
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In meinem Garten befindet sich vieles, was die Besitzer von Sterilgärten verständnislos als Abfall betrachten.
Solche Leute erkennen vermutlich nicht, dass im Garten Natur ablaufen kann. Und vor allem interessiert es sie erkennbar nicht, dass die schrecklichen Gärten, in denen zwischen einzelnen Pflanzen blanke Erde oder Mulch, allerschlimmsten Falls schwarze Plastikfolie zu sehen ist – wo also zwischen den gewollten Pflanzen die natürliche Flora ständig vernichtet wird, und wo fast nur Gewächse zu sehen sind, die den Insekten und anderen Tieren nicht den geringsten Nutzen bringen – dass diese Art von Gärten eine entsetzliche lebensfeindliche Wüste sind, wenn man sie mit den Augen der von Natur aus hier vorkommenden Lebewesen betrachtet. Da nützt es überhaupt nichts, wenn jemand sich auf der anderen Seite als Vogelfreund ausgibt und zwar drei Nistkästen aufhängt, vielleicht auch im Winter Futter streut, aber die natürliche Nahrungsgrundlage und die notwendige Struktur des Lebensraums der Vögel gnadenlos vernichtet.
Dabei kann jeder für die einheimische Fauna und Flora auf dem eigenen Grundstück ganz viel tun.
Weder Rasenschnitt noch Laub noch Baum- und Strauchschnitt oder andere pflanzliche Abfälle bringe ich auf die Grüngut-Sammelstelle. Dort bin ich noch kein einziges Mal gewesen. Das alles sind wertvolle Materialien, die man dem eigenen Grund auf keinen Fall entziehen sollte, finde ich. Mit Hilfe dieser so oft verkannten Produkte des eigenen Bodens kann man nämlich sehr viel tun, um nicht nur den Lebensraum für Garten-bewohnende Tiere erheblich zu verbessern, sondern auch dem Gartenboden vieles von dem zurückgeben, was ihm zuvor entzogen wurde. Die gängige Methode ist ja, das alles weg zu schmeißen und dann mit gekauftem Dünger das Pflanzenwachstum weiter aufrecht zu erhalten. Jedem, der versucht, nur ein wenig ökologisch zu denken, dreht sich da der Magen um. Absolut nicht ökologisch und aus gutem Grund mit Bußgeldern in nicht unerheblicher Höhe bedroht ist übrigens die immer noch viel zu oft gesehene Entsorgung von Grüngut irgendwo im Wald. Wer sich über die Auswirkungen solcher Unsitten und die Höhe der Bußgelder informieren will findet im Web reichlich Seiten, die das ausführlich behandeln.
Bei mir gibt es Reisighaufen, Laubhaufen, Laubstreu und Kompostierung.
Die Laubstreu unter Gebüsch und Hecken kann man sehr gut verbessern, indem man einen Teil des Rasenschnitts immer wieder fein darüber streut. Das ergänzt sich hervorragend und fördert die Zersetzung des Laubes. Es ist Kompostierung vor Ort. In und unter dieser gemischten Schicht fühlen sich Würmer und andere Klein- und Kleinsttiere wohl. So werden Flächen erzeugt, auf denen Vögel nach Nahrung suchen können. Sie finden hier auch dann noch etwas, wenn drumherum wegen beginnendem Frost oder Trockenheit schon eine gewisse Knappheit eintritt. Denn eine solche Schicht schützt den Boden natürlich auch bis zu einem gewissen Maß vor der Austrocknung.
Mit dem anfallenden Schnittgut von Bäumen und Sträuchern lassen sich hervorragend Haufen und Wälle aufschichten. Man kann diese behandeln, wie die bekannte Benjes-Hecke oder auch ein bisschen ergänzen, indem man selbst das eine oder andere Gehölz hinein setzt oder auch indem man sie mit Kletterpflanzen überwachsen lässt.
Ein solcher Wall, der im Lauf erstaunlich kurzer Zeit grün wird, ist nicht nur ein hervorragender Sichtschutz, viel besser als jede Hecke, sondern er bietet vor allem auch gute Nistmöglichkeiten und Verstecke für diverse Vögel, Insekten und andere Fauna. So haben in solchen Aufschichtungen bei mir Heckenbraunelle, Mönchsgrasmücke, Laubsänger, Rotkehlchen und weitere erfolgreich ihre Bruten aufgezogen. Und das obwohl hier wirklich sehr viele Katzen täglich unterwegs sind. Nicht dass jetzt jemand denkt, ich würde keine Katzen mögen, weil es mir nur um die Vögel ginge. Ganz im Gegenteil: ich habe lange selbst Katzen gehalten und was ich möchte, das ist zu zeigen, dass sich auch solche scheinbaren Gegensätze durchaus einvernehmlich verbinden lassen.
Die Zahl der Arten nimmt im Lauf der Zeit zu, wenn das Gesamtkonzept des Gartens langsam seiner Optimierung entgegen wächst. So ist in diesem Sommer zum ersten Mal ein Zaunkönig hiergeblieben, der sonst immer nur Wintergast war, und die ersten zwei Rotkehlchen-Bruten sind erfolgreich aufgezogen worden. Auch die Rotkehlchen waren sonst nur im Winter hier.
Im Laubhaufen legt sich beispielsweise der Igel gern sein Heim an. Bei uns hat es in allen Jahren Igel gegeben, manchmal auch Jungtiere. Zu sehen bekomme ich sie allerdings nur recht selten aber ich weiß mit Sicherheit, dass sie da sind. Denn ich habe mir irgendwann eine Fotofalle zugelegt, die auch bei Nacht Bilder macht.
Übrigens darf man die nur dort aufstellen, wo die Aufnahmen über den eingezäunten Bereich des Grundstücks nicht hinausgehen. Im Klartext: wer andere Leute aufnimmt, ohne dass diese deutlich darauf hingewiesen wurden, macht sich strafbar. Aber so mitten auf dem eingezäunten Grundstück, wo keiner was zu suchen hat, ist das kein Problem. Es ist wirklich interessant und kurzweilig, was man dann manchmal auf den Bildern sieht. So wüsste ich zum Beispiel nicht, dass hier etwa im Abstand von 4-7 Wochen ein Marder durchläuft. Einen Schaden hat er bei uns noch nie gemacht. Es ist ja auch bekannt, dass bei weitem nicht jeder Marder an Autos geht. Warum einige Exemplare das tun? Ich weiß es nicht. Dieser Marder ist jedenfalls nur gelegentlich hier, vielleicht liegt unser Grundstück im Randbereich seines Streifgebiets.
Um noch den Komposthaufen zu erwähnen: Auch der verrottende Haufen ist ein Lebensraum für diverse Klein- und Kleinstlebewesen. Der fertige Kompost enthält eine umfassende Palette an Hauptnährstoffen und Spurenelementen, die man so sicher nicht künstlich zusammenstellen kann. Daneben reichert er das Bodenleben auch noch mit nützlichen Bakterien und so weiter an. Alle organischen Materialien sind kompostierbar. Bei Rasenschnitt und ähnlich fein strukturierten Dingen muss man darauf achten, dass er etwas vermischt mit gröberen Pflanzenteilen verrotten kann, sonst gärt er mehr, denn er liegt zu dicht und dann entstehen im Inneren anaerobe Zonen. Wer weder Mäuse noch Ratten anlocken will, wirft auch keine Knochen und andere Reste von tierischen Nahrungsmitteln auf den Haufen, ausser Eierschalen. Ein guter Kompost mit funktionierender Rotte verbreitet einen eher angenehmen Geruch. Wirklich gut wird das Endprodukt nur, wenn der Haufen ab und an umgesetzt wird, um dem Sauerstoff Zutritt zu allen Bestandteilen des Haufens zu sichern.
Je mehr Gartenbesitzer mehr Natur auf ihren Flächen zulassen und fördern, umso artenreichere Biotope aus Menschenhand können auch im Bereich von Wohnsiedlungen entstehen.
Wie in anderen Artikeln in diesem Blog schon erwähnt, kann man auch versuchen, scheinbar gegensätzliche Gestaltungskriterien miteinander zu verbinden. Es ist ohne weiteres möglich, mit einheimischen Pflanzen Effekte zu setzen, Räume zu schaffen, ein ganz eigenes Ambiente und Harmonie zu erzeugen. Und wie ich es schon beschrieben habe: man kann in das Gesamt-Ding dann auch ohne weiteres noch ein paar exotische Akzente setzen, wenn man sich für so etwas interessiert oder begeistern kann.
Ist das alles nicht ungleich reizvoller als ein Grundstück nur mit bloßen Farbeffekten, gleichförmigem Rasen und öden Koniferen auszustatten?
Der vordergründige Eindruck des Vewilderten und Verwucherten im Garten, dem der unbefangene Beobachter das Gelenkte und Gesteuerte erst beim zweiten Blick so richtig anmerkt, bleibt für mich jedenfalls die Voraussetzung, um mich auf einem Grundstück wohl und zufrieden fühlen zu können. Das hinzubekommen wird mir sicher auch in unserem nächsten Garten gelingen. Übrigens ist etwas Moos bei vielen Vögeln ein beliebtes Material zum Nestbau…
Eins möchte ich noch erwähnen: wenn ich anhand der fliegerischen Aktivitäten sehe, dass Vögel im Reisighaufen, in der Hecke, im Gebüsch oder Efeu offenbar ein Nest bauen, dann sehe ich zu, dass ich dort nicht mehr direkt hingehe, sondern 2-3 Meter Abstand halte. Die Zeit, bis die Jungen flügge werden, ist wirklich nicht sehr lang. Wenn die Brutvögel von sich aus eine oft belaufene Stelle auswählen – bitte schön, dann stört es sie wohl nicht. Bei uns war das mehrfach der Efeu direkt am Garagentor (mal Laubsänger, mal Rotkehlchen). Und bei allem Reiz den es vielleicht hat: auch bei den bodennah brütenden Arten mache ich kein einziges Foto am Nest. Das wären Störungen, die man „seinen“ Vögeln wirklich nicht antun muss. Das eigentlich Schöne ist doch, wenn man später sieht, dass die Jungvögel gesund und munter das Nest verlassen haben!